Eine erfolgreiche Weltmeisterschaft

Vom 13. bis 20. Juni fanden in Budapest die Weltmeisterschaften der Senioren statt. Zum ersten Mal seit 2011 stellte der JVST zwei Starterinnen beim wichtigsten Wettkampf des Jahres. Friederike Stolze und Miriam Butkereit vom SV Halle hatten sich für dieses Turnier mit starken Vorleistungen qualifiziert. Friederike hatte zum Jahresbeginn die Gewichtsklasse gewechselt und danach direkt Bronze bei den European Open in Ljubljana gewinnen. Bei der EM hatte sie die ehemalige WM-Dritte Deketer am Rande der Niederlage und zwei Wochen später konnte sie mit Platz sieben beim Grand Slam in Kasachstan überzeugen. Miriam musste sich bei der Europameisterschaft mit verletzungsbedingt mit Platz fünf zufriedengeben und nutzte die Vorbereitung individuell um für das Jahreshighlight topfit zu sein.
Das Los für Friederike versprach einen schwierigen WM-Tag. Kein Freilos in Runde eins und dann direkt die amtierende Junioren-Vizeweltmeisterin aus Italien. Doch die deutsche 63 kg Athletin machte, angefeuert von Familie und Freunden, recht kurzen Prozess. Sie setzte die Italienerin im Griff unter Druck und nach der Hälfte der Kampfzeit übernahm sie einen Angriff für Waza-ari, ging im Boden nach, erarbeitete eine Festhalte und hielt diese die erforderlichen zehn Sekunden.
Nach der Junioren-Vize, wartete nun die Senioren-Vizeweltmeisterin des letzten Jahres. Aber auch die Polin Szymanska musste schnell feststellen, dass ein etwas nachlässiger Angriff nicht unbestraft bleibt. Im links gegen links ging die Polin aus einer eigenen Technik wieder heraus, Friederike nutzte den Moment und drehte selbst ein und ging mit Yuko früh in Führung. Die Polin war nun gewarnt und setzte mehr Druck in ihre Angriffe, welche ihr auch einen Yuko einbrachten. Bei Gleichstand musste sich die JVST-Athletin, die am Stützpunkt Hannover trainiert, nun gegen die starken Bodenaktionen der Weltranglistenelften verteidigen und im Stand selbst versuchen die Griffhoheit herzustellen. Eine Minute vor Schluss gelang das und ein schneller Harai-makikomi folgte. In der Schlussphase verlor Friederike zwar den Zugarm, nach Videoüberprüfung gab es aber den zweiten Yuko für sie. Diese Führung galt es noch 40 Sekunden zu verteidigen. Taktisch clever schaffte sie den Einzug ins Achtelfinale.
Dort hatte sie zum ersten Mal an diesem Tag nicht den lauteren Fanblock, denn es ging gegen die Ungarin Gercsak. Die Lokalmatadorin hatte mit einer jungen Usbekin und Kirgisin einen deutlich leichteren Weg in das Achtelfinale und dazu die Papp László Arena im Rücken. In einem engen Kampf fehlten auf beiden Seiten die ganz klaren Aktionen. Nach knapp drei Minuten Kampfzeit wechselte die Ungarin mit einmal die Richtung und warf Sode-tsurikomi-goshi zur Gegenseite und auch ein knapper Yuko ist ein Yuko. In der verbleibenden Minute versuchte Friederike alles um noch aufzuholen, doch es gelang ihr nicht mehr. Sichtbar enttäuscht schied sie einen Kampf vor der Platzierung aus.
Am Abend konnte sie ihre Leistung schon besser einordnen, zeigte sich nicht unzufrieden mit ihrer Leistung und sieht die Entwicklung in die richtige Richtung. Dazu gibt es 320 Weltranglistenpunkte, die sie in der Weltrangliste auf Platz 52 heben. Damit ist sie die beste Deutsche in dieser Gewichtsklasse.
Miriam Butkereit hatte sich nach zweimal Platz fünf bei den Weltmeisterschaften eine Medaille vorgenommen, vorzugsweise Gold. Sie konnte sich in Runde eins ihre erste Gegnerin angucken und auf das Duell gegen die Italienerin Pedrotti vorbereiten. In dem Kampf nutzte sie die verlängerte Bodenkampfzeit und erarbeitete sich über eine Minute die siegbringende Festhalte.
Im nächsten Kampf ging es gegen die unangenehme Bosnierin Samardzic. Beide suchten im Ai-yotsu den gleichen Griff und blockierten sich gegenseitig. Bereits nach anderthalb Minuten sah es gut für die Sportlerin vom SV Halle aus, ihre Gegnerin hatte schon zwei Shido, doch bis zum Ende der Kampfzeit gab es keine Wertung und der Kampf ging ins Golden Score. Dort konnte Miriam mit der zweiten Aktion Yuko werfen und ins Viertelfinale einziehen.
Gegen die Japanerin Tanaka gab es den erwartbar schweren Kampf. Nach der Hälfte der Kampfzeit wollte Miriam einen schlechten Angriff ihrer Gegnerin übernehmen, landete aber selbst in einer Festhalte aus der sie sich zügig befreien konnte. Allerdings nach Auffassung der Kampfrichter nicht zügig genug, es gab Yuko und dieser blieb auch stehen. Der deutsche Fanblock protestierte lautstark, jedoch ohne Erfolg. Die Japanerin brachte die Führung über die Zeit und wird anschließend Weltmeisterin.
Für Miriam hieß es Hoffnungsrunde und die Chance auf Bronze. Dort wartete allerdings ihre Angstgegnerin aus Griechenland. Gegen Teltsidou konnte sie in sieben Kämpfen seit 2019 nicht einmal gewinnen, zuletzt verlor sie auch das Viertelfinale bei der EM in diesem Jahr. Dieses Mal sollte es anders kommen, überlegen in Griff und Aktivität riss Miriam den Kampf an sich und erarbeitete sich nach drei Minuten eine Festhalte, aus der es kein Entrinnen mehr gab.
Im Kampf um Platz drei kam es zum Rückkampf des Auftaktkampfes von Olympia 2024 gegen die Australierin Coughlan. Wie bei Olympia war es ein zäher Kampf auf Augenhöhe der tief ins Golden Score ging. Beide Kämpferinnen hatten zwei Shido auf der Anzeige und auch wenn die Australierin deutlich näher am dritten Shido war, so brauchte es eine entscheidende Aktion. Nach knapp drei Minuten Golden Score ging es noch einmal in den Infight und hier zeigte Miriam ihre Stärke, bog die Australierin um und erzielte Ippon, der siebte Sieg im neunten Kampf gegen die Australierin und WM-Bronze in ihrer vierten WM-Teilnahme. Freude und Erschöpfung nahmen den Platz der Anspannung und Konzentration ein.
Eine Medaille ist nicht genug
Am letzten Tag der Weltmeisterschaft fand der Mixed-Team Wettkampf statt. Team Deutschland hatte das schwere Los Aserbaidschan um die beiden Olympiasieger Heydarov und Kotsoiev in Runde eins gezogen, konnte sich aber souverän mit 4:1 durchsetzen. Im Viertelfinale ging es gegen Brasilien und hier sollte Miriam Butkereit die Schlusskämpferin für Team Deutschland sein. Nach teils überraschenden Kämpfen stand es 3:2 für Brasilien, Miriam musste gewinnen um einen Entscheidungskampf zu erzwingen. Ihre Gegnerin war die 57 kg Olympiasiegerin von Rio de Janeiro und diesjährige WM-Fünfte bis 63 kg, Rafaela Silva. Trotz dessen zwischen beiden Athletinnen eine Gewichtsklasse liegt, konnte die Brasilianerin zunächst in Führung gehen. Diese Aktion, bei noch 1:20 min auf der Uhr, nahm Miriam im Boden an und es ergab sich eine unendlich wirkende Bodensituation in der die Brasilianerin sich gegen eine Aktion nach der anderen verteidigen musste. Miriam dachte gar nicht daran, im Stand noch einmal ihr Glück zu versuchen, sie sah ihre Chance hier. Als Silva sich 30 Sekunden vor Schluss noch einmal ohne Wertung aus der Festhalte befreien konnte, waren viele Hoffnungen schon dahin, doch Miriam setzte nach und holte sich die gleiche Festhalte noch einmal und dann auch den Ippon.
Damit ging es an das Glücksrad. Welche Gewichtklasse würde im Golden Score die Entscheidung auskämpfen? Als das Rad aufhörte zu drehen, stand da -70 kg, direkt noch einmal auf die Matte. Mit veränderter Strategie ging Miriam direkt Vollgas, zwang die Brasilianerin in den Boden. Dort wollte diese nicht bleiben und stand auf. Die nachteilige Position von Silva nutzte Miriam direkt und warf sie auf die Seite. Waza-ari, Jubel, Halbfinale.
Dort gab es gegen Südkorea eine 4:0 Niederlage, ohne dass die Gewichtsklasse -70 kg zum Einsatz kam. Dort wäre Giovanna Scoccimarro angetreten.
Um Bronze hieß der Gegner Italien und Miriam war wieder aufgestellt. In der Wiederauflage ihres ersten Kampfes aus dem Einzelwettbewerb holte Miriam mit einem Yuko den dritten Punkt für Team Deutschland. Eduard Trippel konnte anschließend die Bronzemedaille sichern.
Bilder: IJF / Kulumbegashvili Tamara, Sabau Gabriela, Di Feliciantonio Emanuele